Was jahrzehntelang kaum jemand in Deutschland f r vorstellbar hielt, geschah zwischen Sommer und Winter 1989 in der Deutschen Demokratischen Repu- blik. Auswanderungswelle, B rgerbewegung und Massendemonstrationen f hrten zum Zusammenbruch des vormundschaftlichen Systems des deutschen Staatssozialismus. Der erfolgreiche Aufstand der Ostdeutschen bedeutete aber mehr. Ob die B rgerproteste, die das Ende des SED-Staates herbeif hrten, hi- storisch zutreffend als Wende, Umbruch, Zusammenbruch oder als friedliche, nachholende' Revolution bewertet werden, d rfte vorl ufig nicht abschlie- end zu beurteilen sein. Doch unzweifelhaft fokussierte im Slogan "Wir sind das Volk" ein machtvolles demokratisches Selbstbewu tsein der demonstrie- renden B rger der DDR. Doch schon die scheinbar gegens tzlichen Demon- strationsrufe "Wir wollen raus" und "Wir bleiben hier" legten gewisse Span- nungen zwischen nationalen und revolution ren Einstellungen offen. Diese wurden im Verlauf der erfolgreichen revolution ren Ver nderungen erneut of- fenbar, als nach der von der B rgerbewegung (noch) nicht erwarteten ffnung der Mauer die Formel "Wir sind das Volk" durch den postulativen Ausruf "Wir sind ein Volk" erg nzt und dann ersetzt wurde. Zur Einsch tzung dieses Prozesses sind vielfiiltige rechte und linke Mythen entstanden, die von der historisch notwendigen Wiederherstellung der Einheit der deutschen Nation ber die Vollendung des alten deutschen Vorm rz-Trau- mes von der Verbindung von Demokratie, Menschenrechten und nationaler Einheit bis zur im, Anschlu ' symbolisierten verratenen Revolution und dem verpa ten dritten Weg basisdemokratischer sozialistischer Erneuerung rei- chen.