Das Spezifische der modernen Gewaltherrschaften des 20. Jahrhunderts zu ergrunden, beschaftigt Offentlichkeit und Wissenschaft seit Lenin, Mussolini und Hitler. Lange Zeit begriffen die Erklarungsversuche Bolschewismus, Faschismus und Nationalsozialismus als ausschlielich politische Phanomene. Zunehmend jedoch stellte sich die Einsicht ein, dass alle diese Erklarungen keine Antwort auf die Frage bieten, wie es dazu kommen konnte, dass solche Formen totalitarer Herrschaft oft ekstatische Zustimmung fanden, dass Diktatoren, die buchstablich als Massenvernichter in die Geschichte eingegangen sind, zumindest zeitweise geliebt wurden. Daher steht die schon in den dreiiger Jahren des 20. Jahrhunderts aufgeworfene Frage nach den religiosen Elementen der zeitgenossischen Despotien inzwischen im Zentrum der Forschung. Der Terminus der (politischen) Religion wird im Zuge einer intensiv gefuhrten Debatte uber eine neue Definition des Totalitarismus auerordentlich kontrovers erortert.