In der angelsachsischen Welt herrschte lange Zeit das Urteil vor, Grobritannien habe es in den entscheidenden sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts versaumt, durch beherztes Eingreifen die Bismarcksche Reichsgrundung zu verhindern, die der Welt im 20. Jahrhundert zwei Kriege beschert habe. Der Autor untersucht im vorliegenden Werk diese populare Einschatzung umfassend und kritisch. Die die Darstellung leitenden Fragen lauten: Wie beurteilte das zeitgenossische Grobritannien den Vorgang der deutschen Reichsgrundung? Wie beurteilte die englische Weltmacht die Existenz des jungen deutschen Nationalstaates in den ersten Jahren seit der Reichsgrundung? War die in diesem Zusammenhang viel geschmahte Nichteinmischungspolitik der Briten ein Ergebnis von Schwache und Dekadenz oder von politischem Kalkul und wohlberechneter Interessenpolitik? Die Monographie stellt Grundbegriffe, Grundzuge und Grundmuster englischer Weltpolitik im 19. Jahrhundert dar, fragt nach den Spezifika der "British Interests" im 19. Jahrhundert und vergleicht die unterschiedlichen politischen Kulturen Preuens und Grobritanniens in politischer und militarischer, in wirtschaftlicher und zivilisatorischer Hinsicht: Unter welchen Bedingungen vermochten der preuische Kontinentalstaat, der revisionistische Ziele verfolgte, und die englische Weltmacht, die am Status quo interessiert war, zu koexistieren, und wo war die Grenze ihrer Koexistenzfahigkeit?