Seit Jahren untersucht die Schweizer Soziologin Yana Milev, was beim Untergang der DDR und danach mit den Ostdeutschen passiert ist. Sie hat die Auswirkungen der Bonner Abwicklungs- und Anschlusspolitik seziert und die mediale Begleitung der Ubernahme analysiert. Im Zentrum ihrer Untersuchungen steht die Treuhandanstalt als Vollstreckerin des politischen Willens der Machtigen der alten Bundesrepublik. Milev spricht deutlich und offen aus, was die Politik verschweigt. Ihre Thesen lauten: Die "friedliche Revolution" - sie war keine. Die Abwesenheit physischer Gewalt bedeutete nicht, dass es nicht psychischen Druck und andere Formen der Ubernahme gab. Zweitens: "Wir sind ein Volk" - mitnichten. Die Ost- und die Westdeutschen haben aufgrund der komplementaren gesellschaftlichen Entwicklungen unterschiedliche Erfahrungen. Drittens: Die "Wiedervereinigung" - es war keine. Es haben sich nicht zwei Staaten vereinigt, sondern der eine ubernahm den anderen. Viertens: die "Wohlstandsversprechen" von Kohl 1990: "Es wird niemandem schlechter gehen als zuvor, dafur vielen besser." Dies zu widerlegen genugt die Statistik. "Der Aufbau Ost" war ein Ruckbau der DDR vom Industriestaat zum Entwicklungsland und funftens: Die Monopolisierung von Demokratie und Geschichte durch das CDU-Regime (GroKo) ist undemokratisch und hat zu Radikalisierungen gefuhrt. Damit widerspricht Milev vehement der Behauptung von der erfolgreichen "Transformation des Ostens". Und sie belegt, dass Treuhand- und Aufarbeitungspolitik als zwei Seiten einer Medaille zu sehen sind, die im Auftrag der Bundesregierung zu einer Kulturkatastrophe fuhrten, deren gesellschaftliche Verarbeitung erst am Anfang steht.