Die Frage nach der Wahrheit der Literatur ist so alt wie das Nachdenken uber sie. Man hat der Dichtung ebenso eine wesensmassige Verfalschung der Wahrheit vorgeworfen wie eine Wahrheit, die hoher sei als alle Empirie, bescheinigt. Schon der Titel von Thomas Manns Roman 'Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull' spielt unausdrucklich auf diese Frage an. Denn welche Wahrheit kann ein Leser von solchen Bekenntnissen erwarten? Stammen sie aus der Feder eines Verfassers, der weiterhin seinem Laster verfallen ist und darum auch in seinen Memoiren unvermeidlich auf Kriegsfuss mit der Wahrheit steht? Oder wirft der von seiner ursprunglichen Neigung Befreite nun einen kritischen Blick auf seine dereinst durchaus erfolgreichen Lugen? Die bereits im Titel verborgene Abgrundigkeit erkundet Thomas Manns Roman vermittels einer virtuosen Handhabung der Moglichkeiten literarischen Zugriffs auf die Wirklichkeit. Auf diese Weise gerat die Autobiographie des Hochstaplers Krull zu einem heiteren Exerzitium in der letztendlichen Unergrundlichkeit der Wahrheit. Sie ist - erzahlte (pyrrhonische) Skepsis.