Es ist mehr als blo ein Zufall, dass von allen Protagonisten der Kritischen Theorie ausgerechnet Walter Benjamin, "zur eigentlichen Achtundsechziger-Ikone" (Karl Heinz Bohrer) wurde. Niemand anderes als dieser vom Gluck Verlassene stand so sehr fur den existenziellen Ernst des Denkens. Als Adorno ihn 1938 aufforderte, sich in Sicherheit zu bringen, weigerte er sich mit dem Hinweis, dass es "in Europa noch Positionen zu verteidigen" gebe, und bezahlte letztlich mit seinem Leben dafur. Sein fragmentiertes, oft enigmatisches Werk drckt eine radikale Haltung aus: die eines Gefhrdeten, der die Fragilitt der Moderne selbst ins Zentrum seiner Theoriebildung gestellt hatte. Diese existentielle Dimension unterschied ihn von seinen Weggefhrten. Doch dem Umgang mit seinem erst im Nachhinein legendr gewordenen Werk haftet hufig etwas Epigonenhaftes an - als ob nicht gerade Widerspruch und Kritik Treue zum Denken Benjamins ausmachten: Nur wer auch in theoretischer Hinsicht den jeweiligen "Glutkern Aktualitt" einer Aufgabe zu suchen und zu bergen bereit ist, leistet ihm die Gefolgschaft, die seinem Werk angemessen ist. Insofern ist es hchste Zeit, Benjamin gegen seine Bewunderer zu verteidigen.