Im Zentrum dieser Studie stehen diejenigen Texte der romischen Literatur, die die altere Literaturgeschichte - im Hinblick auf die Klassik oder "Goldene Latinitat" - etwas mude als "Nachklassik" oder "Silberne Latinitat" bezeichnet hat. Die wuchernde Rhetorik dieser Texte, ihre schiere Lust am Effekt und am mitunter grausamen Bild kategorisiert Ernst Robert Curtius in seinem epochemachenden Werk 'Europaische Literatur und lateinisches Mittelalter' (1948) mit dem der Kunstgeschichte entlehnten, uberhistorisch verstandenen Begriff des "Manierismus" und profiliert ihn als Konstante der europaischen Literatur. Die romische Literatur von der augusteischen Zeit bis an die Schwelle zur christlichen Literatur soll in dieser Studie in ihrer manieristischen Pragung perspektiviert werden. Die Streifzuge in die moderne Literatur zeigen, dass die in der manieristischen Literatur Roms ausgebildeten Denkfiguren auch in der Moderne nichts von ihrer Pragekraft verloren haben. Dass die an den Texten aufgezeigten Strukturen auch in den Werken der antiken wie der modernen manieristischen Kunst zu finden sind, bezeugt die Relevanz dieser Strukturen als Kriterien fur eine manieristische Literatur.