Die Auseinandersetzung mit politischer Belastung gehört zu den zentralen Herausforderungen von Transformationsgesellschaften. Für die Nachkriegsdemokratien der 1940er- und 1950er-Jahre stellte sich daher die Frage, wie mit Personen verfahren werden sollte, die sich durch ihre Vergangenheit in Krieg und Diktatur kompromittiert hatten. Wer aus welchem Grund als wie schwer „belastet" angesehen wurde und welche Schlussfolgerungen sich daraus ergaben, war das Ergebnis komplexer Zuschreibungs- und Aushandlungsprozesse.
Die Studie nimmt diese Aushandlungsprozesse in Frankreich, Österreich und Westdeutschland in den Blick. Sie untersucht politische Diskurse um die Sanktionierung und Amnestierung NS- und kollaborationsbelasteter Personen und fragt nach dem Zusammenhang von Be- und Entlastungsdiskursen mit demokratischen und nationalen Transformationsprozessen. Dabei wird gezeigt, dass sich politische Belastungsdiskurse in den Nachkriegsdemokratien nicht primär um individuelle Verantwortung drehten. Die Opfer spielten kaum eine Rolle. Stattdessen ging es um das Wohl der Nation und den Erfolg der Demokratie. Darauf stützten sich sowohl die Anhänger:innen als auch die Gegner:innen politischer Sanktionen.