Das Buch untersucht Religion auf dem Balkan am Beispiel serbisch-orthodoxer Gemeinschaften in der Herzegowina - in einer uberwiegend gebirgigen, landlichen und religios vielfaltigen Region. Hier lebte man religiosen Glauben im 19. Jahrhundert vor allem in den Familien. Geistliche und die Kirchenorganisation spielten nur eine untergeordnete, nicht selten ungeliebte Rolle. Erst die gesellschaftlichen Modernisierungen ab der zweiten Halfte des Jahrhunderts, vor allem durch die habsburgische Verwaltung ab 1878, formten Religion zu einem von kirchlichen Institutionen gepragten und konfessionell klar abgegrenzten Gesellschaftssystem. Dadurch gerieten zum einen die Verhaltnisse innerhalb der Glaubensgemeinschaft in Bewegung und wurden teils heftig ausgetragen - zwischen Laien, Geistlichen, der Kirchenleitung und dem Staat. Zum anderen veranderten sich aber auch die interreligiosen Beziehungen und wurden starker normiert und seltener situativ ausgehandelt. Religion war von grundlegender Bedeutung fur imperiale Herrschaft, nicht zuletzt als Gegengewicht zu nationalen Bestrebungen. Im Falle der Serben wirkte dabei imperial geregelte Religion uber ihre Organisationen und ihre Geistlichen fordernd fur die Nationalbewegung. Habsburg reagierte daher seit Beginn des Ersten Weltkriegs mit harter Repression gegen serbisch-orthodoxe Priester, kirchliche Laien und Kircheninstitutionen. Fur die haufige Verschmelzung von Religion und Nation spielten in Sudosteuropa gerade die grossen Reiche eine entscheidende Rolle.